Aspekte moralischer Urteilsbildung
Motivation, Handlung und Konsequenz stellen im alltäglichen moralischen Argumentieren die maßgeblichen Anknüpfungspunkte für die Urteilsbildung dar. Ethikkonzeptionen variieren darin, auf welchem Aspekt der Fokus der Beurteilung liegt. In Anlehnung an die Ausführungen von Fuchs et al. (2010) werden anhand eines Beispiels die Komponenten ethischer Urteilsbildung verdeutlicht. Beim tugendethischen, deontologischen und utilitaristischen Ethikansatz sowie bei der Prinzipienethik wird aufgezeigt, auf welchen Aspekt jeweils der Schwerpunkt der moralischen Urteilsbildung gelegt wird.Unterrichtsbausteine
Der Artikel Betrug ohne Schaden wird vorgelesen, die Quelle wird offengelegt und unklare Begriffe werden geklärt. Die Lernenden beurteilen in Einzelarbeit die Situation, indem sie die drei Aspekte – Motivation, Handlung und Konsequenzen – getrennt betrachten und dann ein begründetes Gesamturteil abgeben. Dazu machen sie sich Notizen.
Im nächsten Schritt werden Gruppen gebildet. Die Lernenden berichten einander, wie sie den vorliegenden Fall beurteilen und auf welche Komponente sie dabei den Schwerpunkt gelegt haben. Danach diskutiert jede Gruppe anhand des Arbeitsblattes Aspekte moralischer Urteilsbildung die Fragestellungen einer Spalte. Die Ergebnisse der Diskussion werden von den Lernenden auf einem Flipchart zusammengefasst.
Im Plenum werden diese Gruppenarbeiten präsentiert. Folgende Fragen bieten sich zur Diskussion an:
- Gab es in den Gruppen Differenzen bezüglich des Gesamturteils?
- Wurden alle drei Komponenten gleichermaßen als gut oder schlecht eingestuft?
- Welche Schwerpunktsetzung wurde im rechtlichen Urteil gesetzt? Inwiefern weicht die ethische Beurteilung der Lernenden davon ab?
- Wie leicht oder schwer fiel die Abgrenzung der einzelnen Aspekte, insbesondere bei Motivation und Handlung?
- Inwiefern ist es wichtig, alle drei Komponenten im Blick zu haben?
Anschließend erfolgt ein theoretischer Input zu den unterschiedlichen Ethikkonzeptionen (Deontologische Ethik, Utilitarismus, Prinzipienethik, Tugendethik). Dabei wird immer wieder auf den Zeitungsartikel und die Ergebnisse der Gruppenarbeiten zurückgegriffen. Einzelaspekte – wie das Instrumentalisierungsverbot, Fragen des Nicht-Schadens, der Bedeutung von Tugenden im Zusammenhang mit dem guten Leben in der Gemeinschaft sowie der Bedeutung der Klugheit bei der Findung eines moralischen Urteils usw. – können noch einmal verdeutlicht sowie Stärken und Schwächen der jeweiligen Ansätze diskutiert werden. Ebenso lässt sich klarstellen, dass die drei Komponenten Motivation, Handlung und Konsequenzen getrennte Einheiten darstellen und es in der ethischen Debatte wichtig ist zu erkennen, auf welche der drei Aspekte die DiskutantInnen Bezug nehmen. Schlussendlich ist ein moralisches Urteil erst dann vollständig, wenn alle Komponenten miteinbezogen werden (vgl. Fuchs et al. 2010, 17).
Verwendete Literatur
Ehgartner, Bert (2010): Betrug ohne Schaden. Profil Nr. 15, 12. April 2010, 103.
Fuchs, Michael/Heinemann, Thomas/Heinrichs, Bert u.a. (2010): Forschungsethik. Eine Einführung. Stuttgart.